Island – eine Reise zur Insel aus Feuer und Eis
Imposante Gletscher, unzählige Wasserfälle und die hohe Zahl aktiver Vulkane begeistern auf Island nicht nur Fotografen und Naturliebhaber, sondern mittlerweile auch Pauschaltouristen aus aller Welt. Eine unbezähmbare Natur hat diese Insel geformt und einzigartige Landschaften hervorgebracht. Nirgendwo sonst in Europa ist man näher am Pulsschlag der Erde. – Doch aufgepasst: Wer einmal dem Zauber von Island verfallen ist, der wird ihn so schnell nicht wieder los.
Mein Partner und ich konnten diese wunderschöne Insel im Sommer 2016 das erste Mal erkunden. Mit Allradauto und Zelt starteten wir Ende Juli vom Flughafen Keflavík in den Norden Richtung Westfjorde. Hier befinden sich Brutkolonien der Papageitaucher (Puffins). Diese farbenprächtigen, an Clowns erinnernden Alkvögel zählen zu meinen persönlichen „Island-Top-Ten“, die wir unbedingt in ihrer natürlichen Umgebung fotografieren wollten. Doch bereits als wir auf der Halbinsel Snæfellsnes ankamen, zeichnete sich für den Westen der Insel ein anhaltendes Tief ab…
Wenn dir das Wetter nicht gefällt…
Wir warfen also unsere geplante Reiseroute über Bord und fuhren zurück in den Süden. In weiser Voraussicht hatten wir nichts vorgebucht und konnten deshalb völlig flexibel unsere Pläne ändern. Island ist ja bekannt (berüchtigt?) für sein unbeständiges Wetter und als Fotografen richten wir unsere Reise lieber nach gutem Licht, als nach guten Unterkünften aus. Sehr hilfreich war hierfür die Wettervorhersage der Islandic Met Office, die mit ihren Prognosen immer ziemlich richtig lag. Doch auch wenn die strahlende Sonne am Himmel stand, war oft von einer Minute auf die andere Regen angesagt. Der isländische Spruch: „Wenn dir das Wetter nicht gefällt, so warte eine Viertelstunde.“ beschreibt dieses Phänomen ziemlich treffend. Manche behaupten sogar, dass es auf Island möglich ist, an einem Tag alle vier Jahreszeiten zu erleben.
Islands pittoresker Süden
Der Seljalandsfoss war nach unserem kurzen Abstecher in den Norden unser zweites Etappenziel. Er liegt an der Südküste und ist einer der schönsten Wasserfälle der Insel. Wer nicht aus Zucker ist, kann den Wasserfall auf einem kleinen Weg sogar umrunden. Je nach Windrichtung ist das eine nasse, oder eine komplett nasse Angelegenheit. Der Blick von hinten auf das herabstürzende Wasser ist es aber eindeutig wert!
Keine 30 Kilometer entfernt liegt ein weiterer malerischer Wasserfall: Der Skógafoss, der mit 60 Metern Höhe und 25 Metern Breite beeindruckt. Wirklich sehenswert ist auch der mächtige Dettifoss im Nordosten der Insel. Hier stürzt der Fluss Jökulsá á Fjöllum mit riesigen Wassermassen in eine 45m tiefe Schlucht. Der Dettifoss ist der energiereichste Wasserfall Europas und entsprechend imposant ist es, davor zu stehen.
Eines der tollsten Highlights auf der Südroute ist mit Sicherheit die Gletscherlagune Jökulsárlón. Hier kalbt der Gletscher Vatnajökull fast direkt ins Meer. Eine surreale Szenerie, wenn im Sommer meterhohe Eisberge mit eigentümlich anzuhörenden Knackgeräuschen langsam ins Meer treiben. Hier befindet sich auch der kürzeste Fluss von Island. Gerade mal 1,5 km misst er, dafür mit dem ganz schön langen Namen „Jökulsá á Breiðamerkursandi“. Er trägt das Eis aus der Lagune hinaus zum offenen Meer, von wo es zum Teil wieder an den Strand gespült wird. Der tiefschwarze Basaltstrand bildet hier zu den hell reflektierenden Eisbrocken einen besonders interessanten Kontrast.
Ab durch die Mitte – am Weg durchs Hochland
Nach unserem Besuch der Südküste fuhren wir auf der Kjölurroute quer über die Insel ins zentrale Hochland. Besonders angetan hat es mir auf dieser Strecke der Kerlingarfjöll, ein vulkanischer Gebirgszug aus Rhyolith-Gestein im Südwesten des mächtigen Hofsjökull-Gletscher. Es beherbergt eines der Hochtemperaturgebiete Islands, das Hveradalir. Hier dampft es wie in der Hölle und man fühlt sich trotzdem wie im Himmel: Blubbernde Schlammtöpfe, fauchende Fumarolen und bunt schimmernde Schwefelablagerungen bilden mit den rötlich-gelben Rhyolithbergen und den schneebedeckten Gipfeln eine skurrile und unbeschreiblich schöne Landschaft.
Ganz in der Nähe vom Kerlingarfjöll befindet sich Hveravellir (isld. hver = heiße Quelle, vellir = Felder). Es bezeichnet einen Vulkan unter dem Gletscher Langjökull und das dazugehörige Geothermalgebiet. Hier lädt eine heiße Quelle zum Baden ein. Wenn man mal vom – nicht nur dezent – nach Schwefel riechenden Wasser absieht, ist es wirklich wunderbar, bei ca. 5 Grad Lufttemperatur im wohlig warmen Wasser die Seele baumeln zu lassen. Nur das Raussteigen in die kalte Luft ist etwas sportlich, vor allem aufgrund der steifen Brise, die es auf Island so gut wie immer gibt.
Mücken und Pseudokrater in rauen Mengen – Die Gegend um den Mývatn See
Von der Kjölurroute gelangten wir im Norden wieder auf die Ringstraße. Die Ringstraße ist der Hauptverkehrsweg von Island und führt, großteils asphaltiert, einmal um die Insel. Im Nordosten machten wir einen Abstecher zu einer der Hauptattraktionen dieser Gegend: dem Mývatn. Dieser See liegt ca. 50 Kilometer von der Küstenstadt Húsavík entfernt und ist der viertgrößte der Insel. Die geschmolzene Lava zahlreicher Eruptionen hat an diesem Ort eine ganz besonders reizvolle Landschaft geformt: Pockenartige Pseudokrater, unzählige Inselchen im See und zerklüftete schwarze Lavasäulen prägen diese Gegend. Die dunklen Lavaformationen bilden mit der sattgrünen Vegetation einen schönen Farbkontrast und sind außerdem ein gutes Beispiel für die immer wieder erstaunliche Regenerationsfähigkeit der Natur. Besonders beliebt ist der See auch bei Ornithologen, die hier zahlreiche Wasservögel beobachten können.
„Mývatn“ heißt übersetzt übrigens Mückensee. Gott sei Dank hielten sich bei unserem Aufenthalt die im Reiseführer prophezeiten Myriaden von Mücken ziemlich in Grenzen. Es sind zwar in erster Linie Zuckmücken, die nicht stechen, aber sie treten in nebelähnlichen Schwärmen auf, schwirren nervtötend um den Kopf und fliegen zielsicher in die Nase. Ein toller Platz also um Gleichmut und Gelassenheit zu üben!
Der unberechenbare Spaltenvulkan Krafla – ein Hot Spot im wahrsten Sinne
Ganz in der Nähe vom Mývatn liegt das Krafla-Vulkansystem, ein in Summe riesiges Gebiet aus einem Zentralvulkan und einem Spaltenschwarm der über 100 km lang ist. Vom Mývatn kommend nimmt der Besucher in der Regel zuerst den Víti-Krater und das Geothermalkraftwerk wahr. „Víti“ heißt Hölle auf Isländisch, weckt aber eher Assoziationen mit der exotischen Südsee: Der Krater ist nämlich mit algenhaltigem Wasser gefüllt und schimmert dadurch in einem intensiven Türkisblau. Er ist erst 1724 während einer jahrelang anhaltenden Ausbruchsserie, dem sogenannten Mývatn-Feuer, entstanden.
Das Vulkansystem der Krafla versuchen die Isländer schon seit dem Jahr 1975 anzuzapfen, um seine geothermische Energie für die Stromerzeugung zu nutzen. Aufgrund der vulkanischen Aktivitäten und Vulkanausbrüche gab es aber immer wieder Probleme und Verzögerungen mit der Inbetriebnahme der zweiten Dampfturbine. Erst seit 1999 liefert das Kraftwerk die ursprünglich geplante Leistung von 60 Megawatt und damit so viel Energie, dass 60% der isländischen Privathaushalte versorgt werden können. In Zukunft soll es um weitere 150 MW ausgebaut werden.
Gleich gegenüber dem Vítikrater liegt der Leirhnjúkur, ein aktiver Vulkan, dessen tiefschwarze Lavafelder wie soeben frisch erstarrt wirken. Sie stammen von der letzten großen Ausbruchsserie, dem Krafla-Feuer im Jahr 1984 und sind immer noch warm. Brodelnde Schlammtöpfe, dampfende Erdspalten und farbenprächtige Fumarolenfelder wecken hier Vorstellungen vom Anbeginn der Zeit.
Endlich Puffins!
Am nordöstlichen Zipfel von Island, in Bakkagerði, hatten wir dann das Glück, die drolligen Papageitaucher doch noch zu sichten. Mit Anfang August waren wir schon ziemlich spät dran, denn zu dieser Zeit sind sie oft schon Richtung Winterquartier abgeflogen. Ganze zwei Tage haben wir die Vögel hier beobachtet und unzählige Fotos geschossen. Obwohl sie sehr tollpatschig wirken, sie sind exzellente Flieger, die sogar den Möwen geschickt ausweichen. Diese versuchen nämlich, den Papageitauchern den gefangenen Fisch abzujagen, bevor sie sich in ihre Erdhöhlen in Sicherheit bringen können.
Bakkagerði ist ein kleiner Ort im einem der abgelegensten Fjorde der Insel, dem Borgarfjörður eystri. Der Sage nach befindet sich hier der Sitz der isländischen Elfenkönigin und in der Tat wirken Bakkagerði und seine Umgebung verschlafen und verwunschen zugleich.
Im Süden schließt sich der Kreis
Von Borgarfjördur kehren wir über den Süden Islands langsam wieder nach Reykjavik zurück. Wir besuchten auf unserem Weg noch einige schöne Plätze, wie etwa die Landzunge Stokksnes mit dem eindrucksvollen Vestrahorn und das Örtchen Vík í Mýrdal, dem südlichsten Ort auf dem Festland. Hier befindet sich der berühmte schwarze Reynisfjara Beach, einer der schönsten Strände der Welt. Dessen tückische, unberechenbare Brandung wird jedoch leider oft unterschätzt und hat schon so manches Menschenleben gefordert. Die drei markanten Reynisdrangar Felsnadeln befinden sich ebenfalls in Vík. Der Legende nach sollen es versteinerte Trolle sein, die bei dem Versuch ein Schiff an Land zu bringen, versteinert wurden.
Wenn man von einigen Abschnitten im Westen absieht, sind wir während unserer Reise auf der Ringstraße einmal rundherum gekommen und jede Region hatte ihre eigenen Reize und Sehenswürdigkeiten.Dabei haben wir viele schöne Orte zeit- oder wetterbedingt auslassen müssen. Das Trekkingparadies Landmannalaugar zum Beispiel, die Inseln Vestmannaeyjar vor der Südküste oder die einsamen Westfjorde. Nun, das muss einfach noch ein bisschen warten, aber nicht sehr lange. Wir planen nämlich schon unsere Rückkehr zur Insel unterm Polarkreis. Island hat uns nämlich auch verzaubert.